Nicht Volkswagen ist Hauptsponsor der Fußball-EM, sondern BYD. Das gibt zu denken. Wir sind mit dem BYD Seal U gefahren.




BYD fährt gerade auf Rekordkurs. Nachdem die Chinesen VW in China als größter Autohersteller überholt haben, holen sie sich in Europa dank der Fußball-EM die mediale Führung. Die dahinter steckende wirtschaftliche Power wird wohl weitere Erfolge einfahren, Tesla wurde letztes Jahr bereits weltweit überholt und auch hierzulande werden Autos der Marke BYD gerne gekauft.
Nach dem Atto 3 und dem Dolphin haben wir nun das nächste Modell der BYD-Flotte – den Seal U – für eine Testfahrt bekommen. Der BYD Seal U, ein Mittelklasse-SUV ist 4,79 Meter lang und (auch) batterieelektrisch betrieben. Auch hier hat Wolfgang Egger, der ehemaligen Audi-Designer, Hand angelegt, was man vor allem an der „audiesken“ Seitenlinie erkennt, während das Heck ein klein wenig in Richtung Porsche Macan abdriftet. Bei der Front sind Egger dann ein wenig die Vorbilder ausgegangen – die ist ziemlich „chinesisch“. Gesamt gesehen, steht der Seal U schon sehr beeindruckend auf der Straße – die hübsche Testwagenfarbe mit dem klingenden Namen „Tian Qing“ steht dem BYD Seal U übrigens ausgezeichnet.
Der Blick ins Auto zeigt einen sehr edel wirkenden Innenraum. Die Atmosphäre ist hell und luftig, die Materialen wirken edel – freilich sollte man vorher nicht in einem Audi oder ähnlichem gesessen sein. Ob diese Anmutung auch nach mehreren Jahren noch so wirkt, können wir natürlich jetzt noch nicht wissen. Wie in allen BYD Modellen lässt sich auch hier der große mittige Touchscreen quer oder hochkant drehen.
An die Bedienung muss man sich gewöhnen, aber das ist bei fast allen modernen Autos so. Was aber gleich auffällt, sind die vielfältigen Warntöne, die der an und für sich sehr leise Wagen bei jeder Gelegenheit lautstark ausstößt. Das nervt definitiv, zumal sich das ganze Geplärr nur widerspenstig abstellen lässt.
Die mit Kunstleder bezogenen Sitze passen gut, sie lassen sich vielfältig verstellen. Auch hinten sitzt man angenehm. Der Kofferraum liegt mit einem Minimalvolumen von 552 Litern eher im unteren Bereich, er kann aber auf 1440 Liter erweitert werden. Generell ist das Fahrzeug sehr auf Komfort getrimmt – auch beim Fahrverhalten.
Die Lenkung das Fahrwerk des BYD Seal U erinnern ein wenig an die Amischlitten der Fünfziger. Das Lenkrad lässt sich mit zwei Finger führen und ist sehr indirekt übersetzt – wie in alten Filmen muss man oft minimal korrigieren. Ebenso wie die außergewöhnlich weiche Fahrwerksauslegung. Sowas hatten wir schon lange nicht mehr – die Konkurrenz setzt hier eher auf die sportlich-straffe Fortbewegung. Sei wie sei – es gibt sicher jede Menge Menschen, die auf Komfort abfahren und denen gesteigerte Kurvengeschwindigkeiten powidl sind.

Passend zum bequemen Fortkommen hat BYD im Seal U einen sehr braven Antrieb eingebaut. Die 160 kW (218 PS) Leistung des vorn sitzenden Elektromotors sind gerade noch ausreichend, um das SUV adäquat zu bewegen. Auch das mit 330 Newtonmeter relativ geringe Drehmoment sind für ein Auto dieser Größe fast schon zu wenig. Anfänglich dachten wir, wir seien im ECO-Modus unterwegs, obwohl NORMAL ausgewählt war. Wir haben dann dauerhaft auf SPORT umgeschaltet – das zieht einem leider aber dann auch nicht die sprichwörtliche Wurst vom Brot.
Auch beim Laden lässt sich der Seal U Zeit: Die 87 kWh große Batterie des Modells „Design“ wird mit maximal 140 kW geladen. Dennoch ist BYD auf seine Batterie stolz, denn der „Blade“ genannte Akku im Wagenboden baut sehr flach, was eine relativ niedrige Sitzposition ermöglicht. Auch gut: Die Lithium-Eisen-Phosphat-Zellen, die BYD verwendet, benötigen keine kritischen Elemente wie Kobalt, das unter oft fragwürdigen Bedingungen gefördert wird.
Der softe Charakter des BYD Seal U hat – neben aller Gemütlichkeit – noch weitere Vorteile: Man lässt es einfach langsamer und dadurch effizienter angehen. Die 500 Kilometer WLTP-Reichweite schafft der Wagen zwar nicht ganz aber rund 450 km sollten sich in den meisten Fällen ausgehen. Wir hatten einen Testschnitt von rund 20 kWh auf hundert Kilometer.
Unterm Strich
Wer ein familientaugliches, extrem komfortables SUV ohne ausgeprägte sportliche Allüren sucht und auf Marken-Image pfeift, der sollte sich den BYD Seal U einmal näher ansehen und vor allem einmal intensiv Probe fahren. Und das Beste kommt zum Schluss – der BYD Seal U startet als „Comfort“ mit Österreich-Paket schon sehr gut ausgestattet mit einem Kampfpreis von 39.980 Euro (iinkl. E-Mobilitätsbonus). Die voll bestückte „Design“-Variante trägt mit 42.980 Euro ebenfalls einen hochinteressanten Preis.
Daten Fakten BYD Seal U Design
Antrieb: 1 E-Motor, 160 kW, FWD
Drehmoment: 330 Nm
Höchstgeschwindigkeit: 175 km/h
0 auf 100 km/h: 9,6 Sek.
WLTP-Durchschnittsverbrauch: 17,4 kWh
Reichweite (WLTP): 500 km
Ladeleistung: 11 kW AC/140 kW DC
Basispreis: ab 36.980 Euro
(Video & Bild – Die Netzwerkkapitäne)