Es ist immer wieder erstaunlich, was Hyundai unter dem N-Label auf den Markt knallt. Derzeitiger Höhepunkt: Der Hyundai Ioniq N.
Elektromobilität ist ja eigentlich eine tolle Sache. Die Technik ist leise, (vordergründig) sauber, der Umgang damit unkompliziert – man kommt (mittlerweile) recht gut von A nach B, vor allem wenn man sich an gewisse Regeln hält, wie zum Beispiel das Ganze etwas defensiver anzugehen. Tolle Sache, aber leider halt auch allzu oft gähnend langweilig. Es ist halt so eine Krux mit den Emotionen, die in unserem automobilen Leben nicht so leicht weggedimmt werden können. Sprich es sollte auch die Strecke zwischen A und B zelebriert werden. Und da kommt der Buchstabe N ins Spiel.
Stellt man einen normalen Hyundai Ioniq neben den N wird dieser von seinem Radaubruder optisch fast erschlagen. Klarerweise sind die beiden von den Abmessungen her identisch. Da wäre mal der ellenlange Radstand, der einen Innenraum ergibt, der früher eher zu einem Maybach gepasst hätte. Dies ergibt dann auch den nötigen Platz für reichlich Akku. 84 kWh fasst die Batterie im N.
Der Hyundai Ioniq N wurde dank diverser sportlicher Anbauteile deutlich breiter als sein ziviler Bruder. Zusammen mit den riesigen 21-Zoll Alus welche mit Pirelli P-Zeros der Dimension 275/35R21 vorne und hinten bezogen sind und meist schreienden Farben birgt dieses Gerät schon optisch jede Menge Aggressivität. Da schreit schon die Optik nach Radau und auch die Technik steht dem in nichts nach.
Heck-, Vorderrad oder Allrad – wie es euch beliebt.
Wie alle N-Modelle spricht auch er Hyundai Ioniq N eher verspielte Naturen an. Man kann sich das Auto herrichten, wie man will – das Ganze erinnert schon sehr stark an ein Computerspiel. Wer will verwandelt den Ioniq N in eine Heckschleuder, verteilt die Kraft (und da gibt es ganz viel davon: bis zu 650 PS im N Grin Boost) nach Belieben zwischen den Achsen oder generiert künstliche Sounds und lässt bei Bedarf die getürkte Drehzahl täuschend echt in den Begrenzer rasseln, dass es eine Freude ist. Das alles dient alleine nur dem Ziel, den Spieltrieb des Fahrers zu befriedigen.
Das tolle am Hyundai Ioniq N ist aber, dass bei aller Verspieltheit auch die sportliche Ernsthaftigkeit nicht auf der Strecke bleibt.
Das Fahrwerk des N wurde aufwändigst verbessert, die Karosserie deutlich versteift, die Bremserei hält dank Scheiben mit 400 mm Durchmesser ebenfalls locker mit und die Lenkung ändert sich mit jeder eingestellten Nuance passgenau. Somit ist der Hyundai Ioniq N kein teslaesker Geradeausfahrer, obwohl er in 3,4 Sekunden auf Hundert stürmt, sondern er beherrscht auch die hohe Kunst des Kurvens. Dabei hebt die gebotene Power seine systembedingte Adiposität großteils auf – nur beim Anbremsen schneller Kurven spürt man die Masse im Rücken.
Was der Hyundai Ioniq N nicht kann, ist Sparsamkeit. Dafür lädt er pfeilschnell.
Das liegt einerseits an der gebotenen Power und anderseits am stets angespannten Fahrer, welcher sich nur allzu gerne von den vielen Dynamik-Optionen verführen und das Auto dementsprechend fliegen lässt. Natürlich könnte man auch im Eco-Modus dahinschleichen, nur wer tut das in diesem Mördergerät? So peilt man in der Regel nach spätestens 320 Kilometer (im Winter eher 250 km) den nächsten Schnelllader an und pusht sich den Akku dank 800-Volt-Technik mit bis zu 240 kWh Ladeleistung in unter zwanzig Minuten von zehn auf 80 Prozent hoch. Und weiter geht der Spaß.
Unterm Strich
Derzeit eskaliert die Vernunft im E-Bereich. „Hauptsache leise, sauber, reichweitenstark und unkompliziert, also langweilig von A nach B gondeln“, lautet die Devise. Dem schiebt Hyundai mit dem 650 PS und 770 Nm leistenden Ioniq N einen Riegel vor. Er ist laut, bei Bedarf kompliziert und auch etwas reichweitenschwach – dafür hat er Charakter und sorgt für gute Laune zwischen den Punkten A und B. Wenn das kein Kaufgrund ist. Ab EUR 74.090,-