Mit dem Modellnamen Marvel R trifft MG angesichts der derzeit grassierenden Superhelden-Inflation im Kino voll ins Schwarze.
Dass MG beim Namen “Marvel” wohl eher die deutsche Übersetzung des Wortes, nämlich “Wunder”, im Auge hatte, wird den Marvel-Fans eher egal sein. Jedenfalls zeichnet das zweite SUV der Marke MG deutlich den Weg auf, den das Unternehmen zukünftig gehen wird – nämlich den der reinen Elektromobilität.
Der gut 4,7 Meter lange MG Marvel R wirkt ziemlich europäisch, kein Wunder wurde er doch im Londoner Designstudio der Marke zusammen mit SAIC in Shanghai entwickelt. Seine Linienführung ist modern und straight gehalten. Vor allem die Frontgestaltung findet man in dieser Form noch nicht am Markt, während das Heck eher verwechselbar daherkommt – aber wie soll ein SUV sonst aussehen?
Sein Radstand beträgt üppige 2,8 Meter, dementsprechend großzügig fallen die Innenraumabmessungen aus. Auch Großgewachsene finden auf allen Plätzen angenehme Beinfreiheit vor. Ebenso eindrucksvoll zeigt sich das sehr ansprechend gemachte Interieur mit seinen auf den ersten Blick edlen Materialien, den sauber ausgeführten Ziernähten und der Klavierlackoptik.
Den Marvel R kann man in drei Ausstattungsversionen ordern, wobei bereits die Basisversion Comfort mit serienmäßig 18-Zoll-Felgen, Wärmepumpe, Panoramaglasdach, elektrischer Heckklappe und Zweizonen-Klimaautomatik sehr gut ausgestattet ist. Unser “Luxury”-Testwagen hat dann noch weitere Features wie zum Beispiel 19-Zöller, klimatisierte Sportsitze in Echtleder und eine richtig gute 360-Grad-Kamera.
Der glattflächige aber mäßig große Kofferraum fasst 357 Liter, durch das Umklappen der Rückbank kann das Volumen auf 1396 Liter erhöht werden. Sehr positiv fanden wir den “Frunk” unter der Fronthaube dort findet auch locker das Ladekabel seinen Platz.
Wie heutzutage üblich, dominieren auch im MG Marvel R großformatige Bildschirme das Cockpit. Das geneigte 19,4 Zoll große Display in der Mitte des Dashboards macht mächtig was her. MG hat das Infodesign auf beiden Screens sehr gekonnt umgesetzt – man findet sich schnell im Menü zurecht. Einzig die Berührungssensibilität hinkt dem Ganzen etwas hinterher – man muss oft zwei, drei mal ordentlich drauftippen um eine Reaktion zu erhalten.
Wir hatten die stärkere der beiden Antriebsvarianten des MG Marvel R im Testbetrieb. Dieser hat dank zweier E-Motoren an der Hinterachse und einem Motor vorne eine Systemleistung von ordentlichen 288 PS und ein Drehmoment von 665 Newtonmetern. Außerdem verfügt er über Allradantrieb. So beschleunigt der MG in 4,9 Sekunden auf Hundert – bei 200 km/h ist Schluss.
Die Energie liefert ein 70 kWh fassender Akku, der im günstigsten Fall an einer Schnellladestation innerhalb von 40 Minuten bis zu 80 Prozent geladen ist. Vor allem im Winter freut man sich über die Möglichkeit, die Batterie vor der Ladung vorzuwärmen. So eine Funktion findet man selten – wie auch das Getriebe des MG Marvel R: Die Kraftübertragung übernimmt (wie auch im Porsche Taycan) ein Zweigang-Getriebe, welches den Verbrauch nach unten drücken soll. Unser Testverbrauch betrug im Schnitt rund 23 kWh auf 100 Kilometern, was einer Reichweite von rund 300 Kilometern entspricht. Wohlgemerkt, in unserem Fall unter sehr guten Bedingungen ohne große Hitze oder Kälte.
Fahrdynamisch lässt sich der MG Marvel R nichts wirklich Negatives nachsagen. Sein Focus liegt eher auf der komfortablen Seite – er versucht gleich gar nicht, seinem Fahrer irgendwelche sportlichen Attitüden aufzuzwingen. Was etwas nervig ist, ist das fast schon hysterische Einschreiten der Assistenzsysteme. Vor allem der Notbremsassistent hat uns mit so mancher unmotivierter Vollbremsung die Schweißperlen auf die Stirn getrieben. Ebenso, wie die Spurhaltehilfe, die derartig vehement ins Lenkgeschehen eingreift, dass einem teilweise Angst und Bange wird.
Dass MG längst keine kleinen sportlichen Roadster mehr baut, hat mittlerweile jeder kapiert. Es spricht für sich, dass die Marke mit ihrer mittlerweile drei Modellen umfassenden Fahrzeugpalette auch am europäischen Markt angekommen ist. Die Qualität passt, auch das Fahren mit dem kräftigen Marvel R macht in vielen Bereichen Spaß. Natürlich gibt es noch ein paar kleine Kritikpunkte, die im Laufe der Zeit noch optimiert werden müssen. Preislich startet der getestete MG Marvel R bei 53.490 Euro.